Forschen, aber wie?

Ich stelle immer wieder fest, dass sich Studierende schwertun, sobald es an eine eigene kleine Forschungsarbeit oder die empirische Abschlussarbeit geht. Selbst am Ende vom Masterstudiengang.

Das liegt meiner Meinung und Erfahrung nicht nur an den Studierenden selbst, sondern auch an der wenig praxisorientierten methodischen Ausbildung an den Universitäten. Man schreibt ein paar Statistikklausuren und besucht ein paar Vorlesungen zum Thema und schreibt am Ende auch wieder eine Klausur. Danach weiss man, wie es im Idealfall sein soll und rein theoretisch wie es funktioniert. Sitzt man dann aber vor einem Datensatz und soll eine Forschungsarbeit planen und durchführen, weiss man nicht, was man tun soll. Die Fähigkeit irgendwelche statistischen Werte von Hand zu berechnen nützt einem dann wenig.

Im Prinzip steht alles was man wissen muss schon im Wikipedia Artikel zum Stichwort Forschung. Die Frage wäre, was könnte man noch tun, abgesehen davon, von Seiten der Studierenden darauf hinzuwirken, dass es gerade bei den Forschungsmethoden möglichst praxisnah zugeht. Auch wenn das erstmal schwieriger ist, als eine Klausur zu schreiben.

Zunächst einmal wäre es vielleicht nützlich die genauen Probleme zu benennen. Was man dann daraus machen könnte und eine gewisse Unterstützung zu leisten, bin ich mir noch nicht sicher. Entweder eine Artikelserie, die auf spezielle Fragen eingeht, oder wäre ein Wiki die bessere Lösung?

Daher die Frage an meine Leser/innen, wie seht ihr das Problem und welche Maßnahmen würdet ihr vorschlagen?

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11 Antworten zu Forschen, aber wie?

  1. In meinem Soziologiestudium in Bamberg gab es damals die geniale Einrichtung des „Forschungspraktikums“. Im dritten und vierten Semester gab es da für Alle verpflichtend ein gemeinsames Projekt, das in Kleingruppen bearbeitet wurde. Inklusive inhaltlicher und methodischer Begleitveranstaltungen und Betreuung der Gruppen; mit qualitativen und quantitativen Methoden. Mit sechs SWS im dritten und acht im vierten Semester hatte das echt eine zentrale Rolle und dürfte jedem halbwegs forschungsaffinen Studenten viel abverlangt aber auch gegeben haben.

    Was entsprechende „Hilfe“ im Netz angeht, trage ich mich schon länger mit dem Gedanken, dass man dazu ja eigentlich mal ein Blog starten müsste. Aber erst nach der Diss… 😉

    • Soziobloge sagt:

      In Bremen hatte ich ja das ganze Masterstudium praktisch als Forschungspraktikum. 2. Semester das Proposal, 3. Semester praktische Durchführung der Forschung mit Forschungsbericht und dann nochmal vertiefend darauf die Masterarbeit. Bei sowas lernt man halt mal richtig wie man sowas macht. Leider passiert sowas ja nicht an jeder Uni. Mein Bachelorstudiengang war dagegen einfach zu theoretisch.

      • Weltenkreuzer sagt:

        „Nebenan“ in Oldenburg versuchen wir gerade, sowas auch im Bachelor zu etablieren. Die erste Ründe geht gerade in ihr letztes von drei Semestern, aber es bleibt holprig…

  2. Parasitäres menschliches Wesen sagt:

    Man lernt was man tut. An der typischen Uni ist das der reproduktionsorientierte Umgang mit Wissen, dass in einer Vorlesung runtergewürgt wird und dann in der Klausur unverdaut wieder ausgekotzt wird. Was danach bleibt ist allein die Übelkeit und der schlechte Geschmack im Mund.

    Will man es anders und besser machen könnte es didaktisch sinnvoll sein (dh. lerntheoretische Belege existieren), mit sog. ausgearbeiteten Beispielen bzw. fallbasiert zu arbeiten.

    Das würde hier also bedeuten, ein konkretes Forschungsprojekt von Anfang bis Ende detailliert zu beschreiben, inkl. eines „Forschertagebuchs“ in dem die individuellen Gedanken, Probleme und Lösungen auf die man stößt, beschrieben sind. Von einer solchen konkreten Fallbeschreibung ausgehend kann man dann abstrahieren und die Verknüpfung zum eher allgemein gehaltenen Lehrbuchwissen herstellen.

    Idealerweise macht man dies dann für jeden der wichtigsten Forschungstypen (explorativ, deskriptiv, erklärend-hypothesentestend) und die wichtigsten Methodiken (experimentell, kausal-vergleichend, qualitativ).

    Vielleicht kannst du ja auch diesen Blog als Forschungswerkzeug nutzen und einfach mal ein internetgestütztes Projekt durchführen und hier gleichzeitig dokumentieren.

    • Soziobloge sagt:

      Einfach mal durchführen ist etwas Zeitaufwendig. Wüsste jetzt auch im Moment kein Thema, dass mich interessiert und hier so einfach Internet basiert durchgeführt werden könnte.

      Ich werde mal schauen, dass ich Input von Studierenden bekomme, die gerade an ihrer empirischen Master oder Bachelorarbeit sitzen. Idealerweise gerade in der Planung und deren Probleme aufgreife. Das sind sicher andere Sachen, als sie mir auffallen würden, da ich ja schon Erfahrung habe und vieles gar nicht mehr als Problem wahrnehme.

      Wer sich daran beteiligen möchte, kann ja seine Erfahrungen seien es Probleme oder Lösungen (am besten gleich beides) an meine Email Adresse schicken. Wer namentlich erwähnt werden möchte schreibe dies bitte dabei. Aus Datenschutzgründen würde ich nicht meine Quelle namentlich nennen.

  3. Parasitäres menschliches Wesen sagt:

    Manche Prüfungsordnungen erlauben, dass gemeinsam ein Projekt durchgeführt wird, wobei der jeweilige Anteil kenntlich zu machen ist. Als Prüfungsberechtigter könnte man das evtl. ausnutzen, um Forschungs- und Dokumentationsprozess zu koppeln:

    Studi A schreibt eine reguläre kleine Forschungsarbeit, die sich an einem entsprechenden Leitfaden aus einem Lehrbuch orientiert. Studi B bekommt den Auftrag das Vorgehen und die Problemlöseprozesse von Studi A dabei zu dokumentieren und herauszuarbeiten, wo die Schwierigkeiten lagen, die Lehrbuchempfehlungen umzusetzen und wie sie überwunden wurden. Dazu muss der B seinerseits geeignete Methoden wählen (z. B. teilnehmende Beobachtung, Dokumentenanalyse, Interviews, Timesampling,Eventsampling).

    • Soziobloge sagt:

      Das wäre ja schon ein guter Themenvorschlag für eine Abschlussarbeit. Ich werde so etwas in der Art machen. Mich dabei aber weniger an Bücher halten, als an praktische Lösungen, die auch erfolgreich waren.

      • Parasitäres menschliches Wesen sagt:

        Ganz interessant fände ich, wenn ein Forschungsprojekt mal als kleinschrittige Sequenz von Entscheidungen und Handlungen dargestellt würde, die zwischen Anfangs- und Zielzustand vermitteln.

        Die Makrostruktur dieser Entscheidungs-Handlungspaare kann man im Lehrbuch nachlesen (nach dem Motto „Finde eine Thema und seh zu“). In welche konkreten Mikroschritte sich die Umsetzung derartiger Makrooperatore aber aufgliedert steht dort in der Regel nicht. Ein methodischer Weg, um sowas herauszuarbeiten, wäre eine sogenannte Hierarchische Aufgabenanalyse (HAA, eher in der Psy verbreitet).

  4. Sonntagssoziologe sagt:

    Bei uns in Duisburg gab es auch das zweisemestrige Forschungsprojekt verpflichtend. So etwas darüber hinaus an der Uni zu etablieren, geht meiner Meinung nach nur über zusätzliche freiwillige Projekte. Der Forschungsprozess nimmt viel Zeit in Anspruch, andere Lehrplaninhalte müßten herausgenommen werden. Dann würde aber ein und dasselbe mehrfach benotet, was sehr untypisch und wahrscheinlich vom Bilder unerwünscht wäre. Hinzu kommt wie schon oben angedeutet, dass Gruppenarbeiten schlechter individuell bewertbar sind.

  5. Pingback:Soziobloge | Forschen aber wie? Teil 1: Die Themenfindung und Fragestellung

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