Sicherheit im internationalen System

Ist zwar schon etwas her, aber irgendwie ist es immernoch aktuell.

Am 21.6.2007 hielt mein Lieblingsprofessor in einer Veranstaltungsreihe zum Thema Sicherheit im „Forum Siegen“ einen Vortrag über Sicherheit in der Internationalen Politik.

Bellers geht davon aus, dass das Internationale System anarchisch ist. Das heist es gibt kein Gewaltmonopol und keine wirksame übergeordnete Gerichtsbarkeit. Dabei ist die wichtigste Form der gewaltsamen Konfliktlösung der klassische Krieg. Terrorismus sieht er nur als eher unbedeutendes Phänomen an. Das heist, dass an eine Abrüstung nicht zu denken ist.

Die Konflikte die zur Zeit da sind, führt er unter Anderem auf die Schwäche Europas und der arabischen Welt zurück. Die USA sind als alleinige Weltmacht zu schwach um auf Dauer eine beherrschende Stellung einzunehmen. Die Europäer sind sich nicht einig und daher nicht in der Lage etwas zu übernehmen. Eine Lösung wäre seiner Meinung nach eine „Allianz“ von Deutschland und Frankreich als Führungsmacht in Europa um so Einigkeit herzustellen. Ebenso steht es im Nahen Osten, wo die Länder sich uneinig sind und auch keine arabische Großmacht exisitert die die Anderen zu einem gemeinsamen Kurs mehr oder minder zwingen könnte.

Die Globalisierung wird seiner Meinung nach überschätzt. Der Anteil des Außenhandels der Eurozone beträgt 16% des Bruttoinlandsproduktes und geht selbst bei den USA nicht über 19% hinaus. Anders sieht es zwar mit den Devisenströmen aus, doch die Warenströme sind vor allem Lokal auf Binnenmärkte fixiert. Allerdings wird die Globalisierung in anderen Ländern teilweise als eine Einmischung von Außen wahrgenommen. Da mit der Liberalisierung der Märkte auch eine gesellschaftliche Veränderung einhergeht. Dadurch geht mit der Globalisierung auch ein Konfliktpotential einher.

Als mögliche Lösungen für den derzeitigen Zustand schlägt er vier Lösungen vor:

1. Atomar gestütztes Gleichgewicht der Mächte. Als Atommächte sieht er dann die USA, EU, Russland, Indien und China.
2. Deutschland zieht sich aus der internationalen Politik zurück.
3. Eine starke Aufrüstung und militarisierung der Gesellschaften in Europa.
4. Trittbrettfahrer: Das heist Deutschland hält sich aus den Kampfhandlungen raus und betreibt nur Entwicklungshilfe und strukturellen Aufbau.

Professor Bellers ist für seine provokativen Thesen bekannt und dafür schätze ich ihn auch. Daher sollte man nicht immer alles wörtlich nehmen was er sagt, sondern als Aufforderung zum Denken verstehen.

Die Diskussion im Anschluss war auch recht kontrovers und Prof. Hufnagel, der Initiator der Vorlesungsreihe war auch eher der Meinung das der Mensch sich ändert und daher sich die Welt doch bessert.

Ich bin da ja eher der Meinung von Prof. Bellers. Das internationale System ist und bleibt eine Löwengrube. Die UNO ist nicht in der Lage einen Machtanspruch durchzusetzen, wie auch ohne Armee? Und der internationale Gerichtshof ist zwar relativ erfolgreich was Kriegsverbrecher anbelangt, doch wird er von den USA nicht anerkannt und die Frage ob er abschreckend wirkt ist wohl eher zu verneinen.
Das der Krieg immernoch die häufigste gewaltsame Konfliktform ist und Terrorismus eigentlich keine Rolle spielt, da muss ich ihm beipflichten. Wir haben schon seit Jahrzenten Terrorismus in Spanien und Israel. Die Briten hatten es auch eine Lange Zeit und man konnte recht gut damit Leben. Extrem haben nur wir Deutsche reagiert, wie man an der RAF gesehen hat, wo man sich praktisch gegenseitig zur Steigerung der Gewalt und Gegengewalt getrieben hat. Nun eine Haltung die sich gegen den Staat richtet ist in Deutschland noch nie wirklich angekommen, egal welche Staatsform gerade präsent ist. So jedenfalls mein Eindruck der Geschichte.

Aber wieder zurück in die Welt. Die möglichen Lösungen, die Bellers vorschlägt sind natürlich nicht alle realistisch, aber eine mögliche Option für den Lauf der Geschichte. Wir haben es nach dem Zusammenbruch des Ostblocks mit fast 50 jahren mehr oder minder stabilen Verhältnissen, auch wenn die Welt öfters mal am Rand eines Atomkrieges stand, mit einem internationalen System zu tun, dass sich noch nicht wieder stabilisiert hat. Eine neue Weltordnung muss sich erst noch finden.

Eine Militarisierung wie anno dazumal unter Kaisers ist natürlich nicht praktikabel und auch nicht wünschenswert, sowie auch nicht unbedingt mit der liberalen Demokratie zu vereinbaren.

Der Rückzug Deutschlands aus der internationalen Politik ist auch kaum denkbar. Das man uns vergisst ist sehr unwahrscheinlich, dafür ist Deutschland einfach zu groß. Liechtenstein hats da einfacher. wahrscheinlich weiss kaum jemand wo das Land überhaupt liegt. 😉

Eine atomar gestütztes Gleichgewicht der Mächte, das sich nach dem Vorbild der alten Bündnissysteme des 19. Jahrhunderts und der Abschreckungsdoktrin des Kalten Krieges des 20. Jahrhunderts bildet wäre zwar möglich, aber auch höchst riskant. Es ist ja fast ein Wunder dass es zu keinem Atomkrieg kam. Ich muss bei dem Gedanken direkt an Dr. Strangelove denken. Damals gab es nur zwei Supermächte mit Atomwaffen und es reichte ein Verrückter aus um die Welt in den Abgrund zu stürzen. Wenn es diesmal 5 Länder sind, die in vielleicht wechselnden Bündnissen sich gegenseitig Abschrecken ist die Chance, dass irgendjemand nicht rational handelt doch etwas größer. Der Witz an der Sache ist ja auch das zwar mit der Bombe gedroht wird, aber eigentlich jeder weiss, das er sie nicht werfen kann. Ob dadurch die Abschreckung nicht irgendwann unglaubwürdig wird, darüber ließe sich diskutieren.

Die Trittbrettfahrerlösung wird ja heutzutage von Deutschland praktiziert. Wir verschanzen uns auf dem Präsentierteller im Norden Afghanistans, in der Hoffnung dass uns niemand angreift. Für den umkämpften Süden schicken wir nur Aufklärungsflugzeuge, die relativ sicher sind, die Taliban nicht über hochentwickelte Flugabwehr verfügt. Währenddessen müssen die anderen Soldaten für uns mit den Kopf hinhalten. Eine Verhaltensweise die ja bekanntermaßen von den anderen NATO-Ländern mehr und mehr kritisiert wird.

Vielleicht gibt es auch noch mehr Lösungen, zum Beispiel, dass man aufhört sich in die Angelegenheiten von anderen Staaten einzumischen und den Diktator auch mal Diktator sein zu lassen, oder Völker die eher zu einer tribalistischen Gesellschaftsform neigen diese zu belassen statt sie zu einer Lebensart westlichen Stils mehr oder minder zu zwingen. Eingreifen sollte man eigentlich nur wenn es um Völkermord oder ähnliches geht. Wobei in Ruanda ja auch niemand eingegriffen hat.

In jedem Fall aber ist eine schlagkräftige Armee weiterhin wohl immernoch die beste Versicherung. Die Deutschen sind allerdings eher pazifistisch geworden, was eigentlich auch kein Wunder ist bei den Erfahrungen mit zwei verlorenen Weltkriegen, aber früher oder später könnte es dazu kommen, dass wir in einen wirklichen Krieg ziehen müssen. Allerdings mit mehr als nur ein paar Sanitätern…

Die Zukunft kann man zwar nicht vorhersagen, doch ist eines klar, die Konflikte nehmen eher zu. Niemand weiss wie sich der Atomstreit mit dem Iran entwickeln wird. Was passiert im Irak und die Frag der Kurden in der Türkei ist auch ungewiss. Sollte sich der Irak aufspalten und der kurdische Norden autonom werden, so könnte die Türkei nervös werden. Vielleicht mischt sich auch noch der Iran ein, der dann vielleicht Atomwaffen besitzt.

Die Zukunft ist unsicher und das ist auch das internationale System. Schauen wir mal was kommt…

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2 Antworten zu Sicherheit im internationalen System

  1. René sagt:

    Das sind ja vielleicht ketzerische Thesen, hehe. Kommt mir ein bißchen wie Bismarck überm Brettspiel vor, verteilen wir die Kanonen auf 5 Weltmächte, bestimmen die Sanitätsnationen usw. Das ignoriert jede Selbstorganisation komplexer System. Das geht natürlich nur, wenn man der Globalisierung wengier Bedeutung beimißt. Was bedeutet es eigentlich, wenn man unpraktikable Lösungsvorschläge aufzeigt? Ist das nicht eine versteckte Form der Resignation?

    Daß Krieg das größere Problem ist als Terrorismus, unterschreibe ich aber 100%. Nur fühlen sich Bürger westlicher Zivilisationen dadurch stärker bedroht. Krieg findet meist weit weg statt. Hunger ist wahrscheinlich ein Problem noch gravierender als Krieg, doch das nehmen wir noch weniger wahr.

  2. Soziobloge sagt:

    Nunja er ist etwas pessimistisch in seinen Sichtweisen. Dafür kann man aber auch super drüber Diskutieren. 😉

    Es sind natürlich auch gewissermaßen Extremlösungen. Man kann ja nach Lösungen dazwischen suchen.

    Angesichts der Entwicklungen in diesem Jahrtausend bin ich noch nicht überzeugt, dass der Mensch lernfähig ist und das internationale System endlich weitgehend gewaltfrei bekommt.

    Schauen wir mal was Obama bringt, der ja einen „neuen“ Politikstil versprochen hat. Vielleicht kann er mich überzeugen.

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