Gedanken zu Menschenrechten und Demokratie

Der Sonntagssoziologe und die Tatsache, dass ich eine Hausarbeit über Menschenrechte schreibe, hat mich auch zum Nachdenken über diese gebracht.

Dabei viel mir auf, dass die Menschenrechte in Zusammenhang mit einer Demokratisierung gebracht werden, ja nahezu als untrennbar verbunden angesehen werden.

Im Zusammenhang mit China ist das eine interessante Sichtweise. Die Frage die ich mir gestellt habe war, können wir überhaupt wollen, dass China die Menschenrechte beachtet?

Zumindest unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen können wir das eigentlich nicht wollen. Wenn es China schaffen würde, die Menschenrechte zu achten und gleichzeitig die Parteidiktatur aufrecht zu erhalten, würde dies die These der Demokratisierung durch Beachtung der Menschenrechte widerlegen.

Für die Menschenrechte, wobei man da noch herausfinden müsste, welche denn gewährt werden könnten, ohne die Diktatur zu gefärden , wäre es sicher ein Fortschritt. Nicht aber für die weltweite Demokratisierung.

Wobei die Menschenrechte von der Theorie her nicht gewährt werden können, sondern angeboren und von Natur aus gegeben sind. So kann der Staat die Rechte nur schützen oder missachten, aber nicht von sich aus gewähren.

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3 Antworten zu Gedanken zu Menschenrechten und Demokratie

  1. Gorch sagt:

    Die Perspektive ist sicherlich erwähnenswert. Nur finde ich es merkwürdig, wie du dich dabei auf die Gegenstände beziehst. Weder fragst du was an Demokratie, noch was an Menschenrechten fraglich ist (z.B. was sie unterstellen und wie sie gebraucht werden), noch wie widersprüchlich „natürliche Rechte“ sind, als würde Recht von sich aus in der Natur liegen. Du setzt das schon als richtigen Maßstab voraus und gehst damit auf die Welt los. Subjektive Rechte braucht es nur dort, wo ein gesellschaftliches Bezugssystem seiner Tendenz nach elementare Grundlagen menschlicher Reproduktion nicht selbstverständlich voraussetzt, sondern ständig objektiv in Frage stellt. Fraglich ist auch die ideelle Position, in die man sich mit deinem nationalistischen „unser“ und „wir“ begeben soll, wenn man dann abwägen soll, ob das Einhalten von Menschenrechten dem Gegenstand des Menschenrechts ansich und der Herrschaftsform namens Demokratie schaden würde, so als käme es gerade auf diese an und nicht auf diejenigen die vom Einhalten der Menschenrechte was hätten: den Menschen dort nämlich. Aber das können „wir“ ja nicht wollen. Du kannst dich z.B. auch mal Fragen, unter welchen Bedingungen, Demokratie gefragt ist (d.h. welche Interessen dort verhandelt werden, wie diese in die welt kommen und verhandelt werden müssen usw.). D.h. auch mal den Maßstab prüfen, statt die Welt am selbigen.

  2. Soziobloge sagt:

    Mit „Wir“ meine ich keinen speziellen Staat, sondern die demokratischen Gesellschaften weltweit. Daher würde ich das jetzt nicht als nationalistisch ansehen, so wars auch nicht gemeint.

    Es ging mir ja gerade um die Verbindung von Menschenrechten und Demokratie, die immer wieder propagiert wird. Mir persönlich ist es egal was für eine Herrschaftsform in einem Land besteht, solange die Menschen nicht befürchten müssen wegen einer „falschen“ Meinugnsäußerung abgeholt zu werden. Das ist ja die Frage die ich stelle, ist es ein Automatismus? Bewirkt die Einhaltung der Menschenrechte automatisch eine Demokratisierung, wie propagiert wird, oder ist dies auch in jedem anderen Herrschaftssystem möglich.

    Daher komme ich zu dem Schluss, dass wenn dies möglich wäre, es denjenigen, die eine Demokratisierung, beispielsweise in China, haben möchten nicht recht wäre.

    Ok in dem Fall ist das „wir“ vielleicht nicht ganz angebracht. ich habe da mal stillschweigend unterstellt, dass die Mehrheit eine Demokratisierung Chinas befürwortet. Was aber durchaus möglich wäre.

    Zu China kommt aber bald noch ein Posting mit mehr Hintergrundinfos.

  3. Gorch sagt:

    Naja Freiheit unterstellt Gewalt. Von meinen Freunden fordere ich z.B. keine Redefreiheit. Entweder rede ich, oder lass es etc. Auf die Idee, Redefreiheit zu fordern, käme ich doch nur, wenn sie mir das Reden beschränken könnten. Unter der Voraussetzung, dass sie verbieten können, können sie erst erlauben, d.h. es unterstellt schon deren Gewalt um mir *Freiheit* einzuräumen. Forderte(!) ich also Freiheit von ihnen, erkenne ich deren Gewalt an und verlangte nur nach der *Möglichkeit* meinen Willen betätigen zu *dürfen* (sonst kann man sich das Fordern sparen und macht einfach selbst). Damit ist der *Inhalt* meines Willens noch nicht mal eingeholt: Reise- oder Redefreiheit *ist* noch garnicht Reisen oder Publizieren, sondern die gegebene/erhaltene *Lizenz* zum Reisen oder Publizieren, die mir derjenige gewährt, der mir das Reisen usw. überhaupt erst bestreitet. Zum Reisen und Publizieren usw. braucht’s aber keine Freiheit (die brauchts wg. der Gewalt), sondern notwendig nur den Willen und die Mittel (Auto, Zeitung, Internet, …).

    So wird’s dann auch herrschaftsideologisch, wenn in der Gewährung von eigentlich Selbstverständlichem immer schon ein Lob an das Gewähren und an den Gewährenden mitgedacht werden soll, also dass es sich hierbei um eine Herrschaftsform handle, die Freiheiten ermögliche. Darin ist der Vergleich mit anderen Regierungen unterstellt: Es soll schon *für* diese Herrschaftsform sprechen, dass sie besser als andere ist. Ob das, was sie besser macht, aber auch für die Leute taugt/es ihnen gut tut, wird damit garnicht geklärt. Was die eine Seite besser macht, kann nämlich trotzdem schlecht sein (Beinbruch ist besser als amputiertes Bein). Diese Schlimmer-geht-immer-Vergleichslogik hat überhaupt kein anderen Zweck als die eine Seite positiv dastehen zu lassen. Zum Weiteren auch die fiktive Position, in die man sich bei der Vergleicherei denken soll, so als könnte man sich „seine“ Regierungsform wie im Kaufhaus aussuchen.

    Freiheit fordert man auch immer nur dort, wo neben der Gewalt ein Interessens*gegensatz* existiert, z.B. zwischen den Interessen von konkurrierenden Marktsubjekten (die ihr Glück im *Bestreiten* des Glücks Anderer finden, z.B. in der Konkurrenz um Erwerbsquellen/Jobs oder im Ausbeuten von Arbeitskraft), oder zw. Partikular- und Allgemein- bzw. Staatsinteressen usw., die sich nicht unbedingt decken (Steuern, Wehrpflicht, Arbeiten, Gesetze abstrakt einhalten, Sozialkosten usw.). Wie weit das Gewähren, also das Beschränken geht, ist das Resultat opportunistischer Abwägungen zugunsten stabiler (nicht willkürlicher) Herrschaft und gelingender (i.d.R. kapitalistischer) Produktionsweise. Keine Herrschaft macht sich zum Diener seines Rechts. Rechte sind kein Selbstzweck, sondern ein Mittel für die Zwecke die sich Staaten vornehmen. Sie gewähren sogar die Rechte, welche die Bürger vor ihnen schützen sollen. Nicht nur in der dritten Welt wird einem dann mitgeteilt, man habe seine Rechte verwirkt. Dass man in Demokratien bei falschen Meinungen nicht mitgenommen wird, ist Propaganda. Es gibt ja in Demokratien mind. zwei Arten von Kritik: Konstruktive und destruktive. Während konstruktive Kritik z.B. nicht das Regieren ansich, sondern das „gute“ oder schlechte Regieren im Sinne der Erfolgsparameter dieser Produktions- und Herrschaftsform kritisiert (wie die großen Zeitschriften es alle mal mehr mal weniger kritisch machen), ist das letztere überhaupt nur dann akzeptiert, wenn der Einfluss a) *unbedeutend* ist und b) nicht auf Praxis drängt. (Die Regierung erlaubt sich dann schließlich immer alles, was sie auch tatsächlich braucht. Das BVG ist selbst ein Instrument der Herrschaft und niemals dessen Schranke). Sobald sich eine Herrschaftsform wirklich gestört sieht, ist es mit den falschen Meinungen vorbei (KPD-Verbot, Hinwirken auf die Auflösung der Marxistischen Gruppe, Notstandsgesetze usf.). Solange die Leute mitspielen oder die systemkritische/grundgesetzfeindliche Opposition unbedeutend ist, braucht’s weniger Repression – ueberall. Insofern ist auch die Psychopathologisierung mancher Staaten aus westl. Brille fragwürdig, weil kein Staat *grundlos* Gewalt anwendet und der Grund mag schäbig, mag falsch sein. Gewalt ist dabei aber ein Mittel für die Zwecke, die der Staat sich vornimmt.

    Deine Frage dreht sich m.E. dann darum, wann und warum es sich eine Herrschaft leisten kann und vernunftmäßig will, Freiheiten einzuräumen – mit Hinblick auf die Herrschafts- und Produktionszwecke, da Staaten nichts außerökonomisches sind. Oder anders: Was leisten also diese Freiheiten für die o.g. Zwecke (oder nicht). Ich würde mich dabei aber hüten, den Applauskasper für den Status Quo zu spielen.

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